…dann nimmt er es mit Humor!
Im August 2014 besuchte der Dalai Lama Hamburg in seiner Funktion als religiöser Lehrer, um über den Buddhismus zu referieren. Rund 7000 interessierte Laien und gläubige Buddhisten hörten seinen Unterweisungen im CCH Hamburg zu, einige Shugden-Anhänger protestierten lautstark vor den Türen und das dazugehörige Rahmenprogramm bot allerlei Informatives, Unterhaltsames und Tiefgründiges rund um das Thema Tibet und Buddhismus. Auch „mein“ Völkerkundekundemuseum nutze den Anlass des Besuches seiner Heiligkeit, um gleich mit drei thematisch passenden Ausstellungen aufzuwarten, 1. Tibet-Nomaden in Not, 2. Tibetische Nonnen –Widerstand und Mitgefühl und 3. Tibetische Nomaden.
Natürlich freut es mich als Tibetologin sehr, wenn es in unserem Museum wieder einmal etwas zum Thema Tibet zu sehen gibt. In diesem Fall war meine Freude aber deswegen besonders groß, weil es sich bei der Ausstellung „Tibet –Nomaden in Not“ um eine politische Ausstellung handelt. Sie wurde von der Tibet Initiative Deutschland, Regionalgruppe Hamburg und der Gesellschaft für bedrohte Völker initiiert und mit Fotos und Texten ausgestattet und durch Objekte aus der Sammlung des Museums ergänzt.
Wir haben ja in unserem Museum eine Menge schöner Gegenstände, die das Leben der Tibeter dokumentieren, jedoch hielt man sich bisher aus verschiedenen Gründen mit politischen Äußerungen meist zurück. Umso wichtiger ist m.E. die derzeitige Ausstellung, die das seit 2006 laufende Zwangsansiedlungsprogramm der Nomaden in „sozialistischen Dörfern“ zum Hauptthema hat.
Durch seine Ausstellung bietet das Museum eine weitere öffentliche Plattform, um über die Situation der Tibeter zu informieren und die reichhaltige materielle und geistige Kultur zu zeigen, die so essentiell bedroht ist.
Wichtig für die mediale Aufmerksamkeit sind Besuche von bedeutenden Persönlichkeiten und deswegen war die Zusage des Dalai Lama, die Nomaden –Ausstellung zu besuchen, eine große Ehre und Chance! An einem Montag (da ist das Museum für den Publikumsverkehr geschlossen) sollte es soweit sein, „15 bis maximal 20 Minuten habe der Dalai Lama Zeit, die Ausstellung zu sehen, bevor er zu den Belehrungen ins CCH müsste.“
Wie überall in der Welt gibt es natürlich auch im Museum Hierarchien, deswegen wurden die zahllosen Personen, die an dem Ereignis teilnehmen wollten, in drei Gruppen aufgeteilt: Die erste Gruppe durfte mit in die Ausstellung, die zweite Gruppe durfte im Innenhof des Museums bei An- und Abreise dabei sein und die dritte Gruppe durfte hinter der Fenstergalerie des Innenhofes zusehen und winken. Ich war in Gruppe zwei und konnte also bei der An- und Abreise zuschauen. Die Anreise ging so schnell, dass ich überhaupt nichts sah. Dann lief die Zeit und wir warteten geduldig.
Es vergingen 10 Minuten, es vergingen 20 Minuten. Als langjährige Tibet-Initiative-Aktivistin frohlockte ich. „Wie wunderbar!“ rief ich den anderen Wartenden zu. „Es ist ein sehr gutes Zeichen, wenn sich der Dalai Lama die Ausstellung zu solange anschaut. Denkt nur an die ganze versammelte Presse! Das gibt eine gute Berichterstattung und das ist sehr gut für die Sache Tibets!“ (Es waren eine Menge Journalisten in Gruppe 1 versammelt)
Es vergingen 25 Minuten, es vergingen 35 Minuten. Meine Freude wuchs in den Himmel. Plötzlich sagte jemand „Hoffentlich ist der Dalai Lama nicht im Fahrstuhl steckengeblieben!“ und ich lachte über diesen guten Witz. Unser Fahrstuhl ist zwar 100 Jahre alt, okay, aber warum sollte er ausgerechnet jetzt steckenbleiben? So etwas passiert nur im Film, nicht in der Realität.
Plötzlich gab uns ein Museumsmitarbeiter ein Zeichen „Er kommt, er kommt!“ Wir hatten den Kollegen um dieses Zeichen gebeten, damit wir uns näher an den Ausgang heranstellen können, um vielleicht wenigstens etwas von der Abreise des Dalai Lama mitzubekommen. Gebannt starrten wir auf die kleine Tür zum Innenhof –nichts geschah. Nur ein Ruck war zu hören und dann sehr viel Hektik. Von oben kam mit roten Köpfen die Entourage des Dalai Lama angelaufen und plötzlich rannte der Hausmeister quer über den Hof und in den Technikraum:
Der Fahrstuhl war steckengeblieben!
Nun ist es zum Glück ein 100 Jahre alter Fahrstuhl, den man mittels eines Drehrades manuell rauf-und runterbewegen kann. Hektisch kurbelte man am Handrad, schnell musste der erschöpfte Hausmeister abgelöst werden und die ersten Sicherheitsbeamten kurbelten weiter. Wir beobachteten das ganze atemlos und wussten nicht, ob wir lachen oder weinen sollten. War das jetzt eine furchtbare Blamage für unser Haus oder einfach das ganz normale Leben im Samsara? Einige endlose Minuten später kam der Dalai Lama kichernd die Treppen zum Innenhof hinunter. Die deutsche Technik sei ja weltberühmt, scherzte er mit uns und es sei “eine wunderbare Gelegenheit gewesen, um mal wieder Geduld zu üben!“
Puh- wir sehen also wieder einmal: Buddhistische Praxis verhilft in Stresssituationen zu mehr Gelassenheit 😉 Anschließend segnete er uns alle, bevor er –verspätet durch unseren alten Museumsfahrstuhl- ins CCH zu den Belehrungen fuhr….
Die Ausstellung Tibet –Nomaden in Not ist noch bis März 2015 zu sehen. Zugang über Treppen und -für Kinderwagen und Rollstuhlfahrer- auch per Fahrstuhl möglich!